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Paradarts – Darts trotz körperlichem Handicap
Auch wenn wir derzeit (noch) kein aktives Mitglied mit körperlichem Handicap in unserem Dartverein haben, ist es uns dennoch wichtig, Euch das Thema an dieser Stelle mal ein wenig näher zu bringen. Wir erklären kurz, was sich hinter dem Begriff Paradarts verbirgt und wie die Integration in den Spiel- und Turniermodus erfolgen kann. Auch wollen wir kurz darauf aufmerksam machen, was sich aus unserer Sicht in der Gesellschaft noch verbessern muss und wie Du dich für das Thema stark machen kannst.
Was verbirgt sich hinter dem Begriff Paradarts (auch inklusives Darts genannt)?
In Bayern und im Rest Deutschlands wird nur wenig über das Thema Inklusion im Sport gesprochen. Folglich gilt das leider auch für den Dartsport. Als Paradart wird jenes Dartspiel bezeichnet, welches von Menschen mit einer Behinderung – also einem Handicap – ausgeübt wird. Das heißt allerdings noch lange nicht, dass zwangsläufig jeder Paradarter im Rollstuhl sitzt…ganz im Gegenteil.
Die Einstufung der Paradarter unterliegt der WPD, der „World ParaDarts“. Diese unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Beeinträchtigungsgruppen – Classic und Compris. Die Einstufung Classic (egal ob sitzend oder stehend) gilt dabei für Personen mit:
- einer beschädigten Muskelkraft
- einem eingeschränktem passiven Bewegungsbereich
- einem Gliedermangel
- einer unterschiedlichen Beinlänge von mindestens 7 cm
- Kleinwuchs, Hypertonie, Ataxie oder Athetose
Unter Compris fallen jene Personen, die nicht die Kriterien der Classic-Einstufung aufweisen, aber im Besitz eines Schwerbehindertenausweises oder einer behördlichen Bescheinigung sind.
Folglich bezeichnet der Begriff Paradart also die Sportausübung mit einer Vielzahl unterschiedlichster Beeinträchtigungen. Paradarts ist somit viel verbreiteter als vielleicht angenommen. Möglicherweise kennst also auch du schon einen Paradarter, ohne es bisher gewusst zu haben.
Wie erfolgt die Integration der Paradarter in den “normalen” Spiel- und Turnierbetrieb?
Körperliche Voraussetzungen
Betrachten wir die körperlichen Voraussetzungen, so wird schnell klar, dass es beim Darts hauptsächlich auf die mentale Stärke ankommt. Körperlich müssen (im Amateurbereich) relativ wenige Eigenschaften mitgebracht werden. Meist reicht die Bewegung eines Armes bzw. die Bewegung aus dem Ellenbogen heraus. Daher eignet sich der Dartssport im Vergleich zu anderen Sportarten also auch für eine Vielzahl körperlich beeinträchtigter Menschen ganz hervorragend.
Stehend gegen stehend
Bei einem Blick in das offizielle Regelwerk wird ebenfalls schnell klar, dass die notwendigen regulatorischen Voraussetzungen gegeben sind. So heißt es im Regelwerk: wenn zwei Spielende gegeneinander antreten, bei denen die „Stehfähigkeit“ nicht beeinträchtigt ist, so bleibt alles beim „Gewohnten“. Bedeutet: das Board hängt auf der offiziellen Bullseye-Höhe von 1,73 Meter und die Entfernung zum Board beträgt die ebenfalls offiziellen 2,37 Meter. Dabei ist es irrelevant, ob kein, einer oder beide Kontrahenten von einem Handicap betroffen sind. Alle Spieler können gegeneinander antreten.
Stehend gegen sitzend
Aber wie verhält es sich nun, wenn ein sitzender Spieler gegen einen Stehenden antritt? Für den sitzenden Spieler hat die World Disability Darts Association eine Bullseye-Höhe von 1,37 Meter festgelegt, welche von der Worlds Darts Federation (höchste Stelle im Dartssport) offiziell anerkannt wurde. Der sitzende Spieler bespielt also das tiefere Board (Bullseye 1,37 Meter), der stehende Spieler hingegen wirft auf das „normale“ Board (Bullseye 1,73 Meter). Die Abwurfdistanz bleibt für beide Spieler bei den gewohnten 2,37 Metern.
Der Dartsport hat also einen Weg gefunden, wie alle Spieler, egal ob stehend oder sitzend, beeinträchtigt oder nicht, gegeneinander antreten können. In der großen Welt des Sports ist das bisher eher die Seltenheit.
Gibt es eigene Wettbewerbe für Paradarter?
Durch die offiziellen Regeln sind also die notwendigen Rahmenbedingungen eines gemeinsamen Dartspiels geschaffen. Dennoch gibt es derzeit keine Berücksichtigung des Beeinträchtigungsgrades im Wettkampf selbst. Da das Thema Paradarts noch in den Kinderschuhen steckt, ist es für die meisten Paradarter derzeit schwierig, mit dem sehr hohen Niveau der „Top-Spieler“ mitzuhalten. Auch daher gibt es eine Reihe von Wettbewerben, bei denen ausschließlich Paradarter gegeneinander antreten. Diese Turniere finden in der Zwischenzeit weltweit statt und die Teilnehmerzahl steigt stetig.
Wie wird Paradart in der Praxis umgesetzt?
Es wird höchste Zeit, dass Paradarts auch in der Gesellschaft und in den Vereinen und Verbänden vollumfänglich ankommt. Für alle Spieler, die stehend gegeneinander antreten, sind die notwendigen Voraussetzungen in allen Dartspielstätten geschaffen. Anders sieht es für Spielende aus, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Im Steeldarts ist es vergleichsweise einfach, eine zusätzliche Scheibe für sitzende Spieler auf entsprechender Höhe anzubringen (1,37 Meter). Dennoch gibt es derzeit nur ganz wenige Spielstätten, die diese Voraussetzung bereits umgesetzt bzw. die notwendigen Vorbereitungen getroffen haben (von barrierefreien Zugängen ganz zu schweigen). Wirft man einen Blick zum Soft-Dart, wird die Suche nach Rollstuhlgerechten Dartsautomaten nochmal deutlich schwieriger und wahrscheinlich sehr frustrierend für die Betroffenen.
Hoffnung macht, dass sich Darts seit einigen Jahren einer immer größeren Beliebtheit erfreut. Das führt zwangsläufig dazu, dass Darts auch in Deutschland immer mehr den Ruf als Kneipensport ablegen kann (siehe Blog). So wird jährlich eine Vielzahl neuer Vereine gegründet, wodurch der Dartssport immer professioneller betrieben wird. Durch diesen Wandel und der damit einhergehenden „breiteren Masse“ an unterschiedlichen Dartspielern, wird Paradart auch in der Praxis immer präsenter und somit in Zukunft hoffentlich auch zunehmend stärker wahrgenommen und gefördert.
Was muss sich ändern, um Paradarts nachhaltig in der Gesellschaft zu verankern?
Es ist wichtig, dass das Thema Paradarts viel stärker in den Fokus gerückt und dadurch auch in der Praxis deutlich sichtbarer wird. Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Vereinen und Verbänden, die das Thema intensiv behandeln. Sie stellen Forderungen gegenüber der Öffentlichkeit und kämpfen für eine ausgeglichenere Chancengleichheit. So fordert beispielsweise das „Dartsportförderzentrum Augsburg und offizielle JDC Akademie“ eine entsprechende Klassifizierung nach Beeinträchtigungsgrad. Dadurch soll der Wettkampf zwischen Spielern mit und ohne Beeinträchtigung noch fairer gestaltet werden. Ziel dabei ist es, möglichst viele Spieler im sportlichen Wettkampf gegeneinander antreten zu lassen, ganz egal ob mit oder ohne Handicap.
Ebenso müssen sich die vielen Dartvereine und Spielstätten noch viel intensiver mit dem Thema des inklusiven Darts auseinandersetzen. Es gilt die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, um allen Mitgliedern oder Interessenten die Teilnahme am Spielbetrieb zu ermöglichen. Nur so gelingt es uns die Sichtbarkeit zu verbessern und zukünftig im Training sowie Spiel- oder Turniermodus neue, bisher unbekannte, großartige Charaktere kennen zu lernen.
Wie kann ich mich als Paradarter aktiv einbringen und meine Interessen vertreten?
Solltest Du also ein begeisterter Dartspieler mit Handicap sein, unterstütze gerne die offiziellen Stellen wie das „Dartsportförderzentrum Augsburg“, um diesem wichtigen Thema den notwendigen Nachdruck in der Öffentlichkeit zu verleihen und Deine Stimme einer mobilisierenden Masse hinzuzufügen.
Wir sind der Meinung, dass die Frage, ob Du darten kannst oder nicht, ausschließlich an der Scheibe und nicht durch irgendetwas drumherum entschieden wird.