BLOG
Die PDC Darts WM 2023 – Turnierbericht
Was für eine Darts WM 2023 oder? Nachfolgend haben wir versucht, Dir die wichtigsten Ereignisse vom Turnierstart am 15.12.2022 bis zum Finale am 03.01.2023 nochmal in komprimierter Form zusammenzufassen. Viel Spaß beim Nachlesen!
Du weißt was passiert ist, interessierst dich aber für Zahlen und Statistiken zur WM?
Dann schau doch einfach hier vorbei:
Ausgangssituation
Vom 15.12.2022 bis zum 03.01.2023 wurden die 30. Auflage der PDC Darts Weltmeisterschaft ausgetragen. Austragungsort war wie schon seit 2008 der altehrwürdige Alexandra Palace (im Volksmund “Ally Pally” genannt) im Norden Londons.
Wie schon im letzten Jahr traten insgesamt 96 Teilnehmer an, davon…
- Die 32 besten Spieler der “PDC Order of Merit”, also der Darts-Weltrangliste, die sich durch die eingespielten Preisgelder der jeweils vergangenen 24 Monate ergibt
- Die 32 besten Spieler der “PDC Pro Tour Order of Merit” (die nicht schon über 1. qualifiziert sind), die sich durch die eingespielten Preisgelder in den (größtenteils) nicht im TV übertragenen Players Championship Events sowie den European Tour Events ergibt
- Weitere 32 Spieler mit “Wildcards”, die in diversen nationalen sowie internationalen Qualifikationsturnieren vergeben wurden
Neben 93 Männer standen 2023 zum ersten mal in der Geschichte der Darts WM mit Fallon Sharrock, Lisa Ashton und der erst 18-jährigen Sensation Beau Greaves gleich drei Frauen im Teilnehmerfeld. Insgesamt kamen die Teilnehmer aus 28 verschiedenen Nationen, wobei England mit 28 Teilnehmern die größte Gruppe stellte. Für 22 der 96 Spieler war es die erste WM-Teilnahme überhaupt.
1. Runde
Seit die WM im Jahre 2019 auf nun 96 Teilnehmer aufgestockt wurde, besteht sie aus insgesamt 7 Runden, wobei die 32 gesetzten Spieler der “PDC Order of Merit” erst in der zweiten Runde ins Turnier einsteigen. Folglich besteht die erste Runde aus Spielen zwischen den 32 Qualifikanten und den 32 qualifizierten Spielern der “PDC Pro Tour Order of Merit”. Gespielt wird, wie auch in der zweiten Runde, im Modus Best-of-5, in dem man 3 Sätze gewinnen muss, um das Spiel für sich zu entscheiden.
Insgesamt verlief die erste Runde in diesem Jahr relativ ereignislos und ohne größere Überraschungen, was sich im überschaubaren Runden-Average von 87,07 widerspiegelt (siehe Statistiken). Das einzige Spiel der ersten Runde, in dem ein 3-Dart-Average von über 100 Punkten erreicht wurde, und das sogar von beiden Spielern, war das zwischen den beiden Engländern Scott Williams und Ryan Joyce. Am Ende musste sich Ryan Joyce trotz starken 103,04 Punkten im Schnitt mit 1:3 geschlagen geben, einer der höchsten “Losing Averages”, die bei der WM überhaupt jemals gespielt wurden,
2. Runde
In der zweiten Runde stiegen wie gewohnt die gesetzten Spieler, also die 32 bestplatzierten Spieler der Darts-Weltrangliste, ins Turnier ein. Und diese wurden ihrer Favoritenrolle in diesem Jahr so gerecht wie schon einige Jahre nicht mehr. So scheiterten mit Daryl Gurney (24), Callan Rydz (23) und James Wade (8) nur drei der gesetzten Spieler, so wenige wie noch nie, seit das Feld 2006 auf 32 gesetzte Spieler erweitert wurde. Anstelle der drei ausgeschiedenen Spieler erreichten Alan Soutar, Jim Williams und der Darts-Shootingstar Josh Rock die dritte Runde.
Darüber hinaus wurde in der zweiten Runde zum ersten Mal in dieser WM der “Big Fish” geangelt, also das maximal mögliche Finish gespielt (5 weitere sollten im Turnierverlauf folgen). Angler war der Deutsche Martin Schindler in seinem Spiel gegen Martin Lukeman. Das erste 170er Finish eines deutschen Spielers in der Geschichte der PDC WM.
3. Runde
Mit 32 verbleibenden Spielern (nur drei davon ungesetzt) ging es in die dritte Runde des Turniers, in der der Modus auf Best-Of-7 erhöht wurde. Und diese Runde sollte neben tollen Begegnungen bereits einige Highlights und Überraschungen bereithalten. So kam die Mission Titelverteidigung von Peter Wright unerwartet schnell zu ihrem Ende, nachdem sich der Schotte gegen den Belgier Kim Huybrechts geschlagen geben musste. Es war überhaupt erst das dritte Mal in der Geschichte der PDC WM, dass der Titelverteidiger bereits in Runde 3 ausschied.
Für weitere kleinere Überraschungen sorgten die beiden ungesetzten Spieler Josh Rock sowie Alan Soutar, die ihre Spiele gegen die favorisierten Danny Noppert (9) sowie Nathan Aspinall (10) gewinnen konnten und somit in Runde 4 einzogen.
Der Deutsche Martin Schindler hingegen hatte den späteren Weltmeister Michael Smith am Rande der Niederlage, ehe dieser ein starkes Comeback feierte und einen 1:3 Satzrückstand in einen 4:3 Sieg verwandelte, garniert von einem schönen 170er Finish.
Das absolute Highlight der Runde war jedoch die Partie zwischen den beiden (für ihre hohe Scoringpower bekannten) Spielern Dirk van Duijvenbode und Ross Smith. Beide spielten auf ähnlich hohem Niveau und feuerten 180 um 180 ins Board. Es sollte das erste Spiel der diesjährigen WM werden, das in ein finales Sudden-Death-Leg ging. Am Ende hatte Van Duijvenbode trotz 5 überstandener Matchdarts gegen sich das glücklichere Händchen und holte sich den Sieg. Mit insgesamt 31 gespielten 180ern (19x Smith, 12x Duijvenbode) stellten die beiden zudem einen neuen WM-Rekord für ein Best-Of-7 Spiel auf.
4. Runde (Achtelfinale)
In Runde 4 waren nun nur noch 16 Spieler übrig, das hieß Achtelfinale! Der Lauf der beiden ungesetzten Spieler kam dabei zu einem Ende. Alan Soutar musste sich dem stark aufspielenden Gabriel Clemens aus Deutschland geschlagen geben, der damit als erster Deutscher überhaupt in ein WM-Viertelfinale einzog.
Josh Rock zeigte erneut eine starke Partie, wurde aber am Ende von Jonny Clayton in die Schranken gewiesen, der seinerseits Defizite im Scoring mit unglaublichem Timing und Zielsicherheit auf die Doppelfelder ausglich.
Ebenfalls erwischte es im Achtelfinale mit Rob Cross und Luke Humphries nach Peter Wright zwei weitere Spieler aus den Top 6 der Welt.
5. Runde (Viertelfinale)
Für die Spiele der letzten 8 wurde erneut der Modus geändert. Nun mussten bereits 5 Sets gewonnen werden, um sich die Partie und damit den Halbfinaleinzug zu sichern. Die Viertelfinals fanden am Neujahrstag statt und wurden eröffnet von der Partie Dimitri van den Bergh gegen Jonny Clayton. Die Partie ging 5:3 an Van den Bergh, was ihn zum ersten Belgier in einem WM-Halbfinale machte. Die zweite Partie der Runde bestritten der spätere Weltmeister Michael Smith und Stephen Bunting, der für die meisten unerwartet bis ins Viertelfinale marschiert war. Am Ende konnte der auf 4 gesetzte Michael Smith seiner Favoritenrolle gerecht werden und den zweiten Halbfinaleinzug in Folge klarmachen.
Deutsche Dartsgeschichte
Am Abend des 01.01.2023 kam es dann zum Highlight aus deutscher Sicht. Gabriel Clemens, der es als erster deutscher Spieler überhaupt in die Runde der letzten 8 geschafft hatte, bekam es mit der Nummer 1 der Welt, dem Waliser Gerwyn Price, zu tun. Und es sollte ein denkwürdiges Match werden. So spielte der Weltmeister von 2021 zwar eine solide Partie, fand jedoch nicht zu seinem “A-Game” und war phasenweise mehr mit dem über weite Strecken buhenden Publikum beschäftigt als mit seinem eigenen Spiel. Gabriel Clemens hingegen spielte tolle Darts, war im richtigen Moment stets zur Stelle und ließ sich von dem Umständen nie aus der Ruhe bringen. Folgerichtig gingen Leg für Leg und in Folge Satz für Satz an den Deutschen.
Es bahnte sich also eine Sensation an im Ally Pally, und zu dieser sollte es tatsächlich kommen. Beim 1:3 aus seiner Sicht versuchte die Nummer 1 der Welt sich an den letzten Strohhalm zu klammern und erschien aus der Werbepause mit Ohrenschützern auf der Bühne. Eine im Darts noch nie gesehene Aktion, die jedoch (hätte sie Clemens aus dem Konzept bringen sollen) komplett ihre Wirkung verfehlte und dem Waliser wohl mehr Spott als sportlichen Erfolg einbrachte. Am Ende spielte Clemens die Partie souverän zu Ende und bezwang den haushohen Favoriten mit 5:1. Ein deutscher Halbfinalteilnehmer, wer hätte das gedacht?
Somit war auch klar, dass Price seine Position an der Spitze der Weltrangliste verlieren würde, und diese nach dem Turnier von einem Michael (Gerwen oder Smith) würde bekleidet werden.
Das letzte Viertelfinale zwischen dem wahrscheinlich besten Spieler des Jahres 2022, Michael van Gerwen, und dem Underdog Chris Dobey verlief im Anschluss mehr als eindeutig und endete in einem komfortablen 5:0 Sieg des Niederländers.
6. Runde (Halbfinale)
Drei Spiele mussten noch gespielt werden, zwei davon in Form der beiden Halbfinale, und zwar im Modus Best-Of-11.
Den Anfang machten Sensationshalbfinalist Gabriel Clemens sowie Michael Smith, der mit Martin Schindler bereits einen Deutschen von dieser WM nach Hause geschickt hatte. Und zunächst einmal entwickelte sich ein ausgeglichenes Spiel, in dem die ersten vier Sätze alle ins 5. Leg gingen, am Ende aber vom jeweiligen Anwerfer gewonnen wurden. 2:2. Im Anschluss schaltete Michael Smith dann jedoch einen Gang höher und erarbeite sich nun deutlich mehr Chancen auf die Doppel als der Deutsche. Folglich gingen nun immer mehr Legs nach England und in Folge auch vier Sätze in Folge. Am Schluss stand ein 2:6 aus deutscher Sicht auf der Anzeigetafel. Trotzdem Hut ab, geile Leistung Gabriel!
Im zweiten Halbfinale zeigte “The Green Machine” Michael van Gerwen erneut eindrucksvoll, dass der Weltmeistertitel in diesem Jahr nicht ohne ihn würde entschieden werden können. Mit dem besten Average des diesjährigen Turniers (108,28) setze er sich mühelos gegen den belgischen Herausforderer Dimitri van den Bergh durch und blieb somit auch im zweiten Spiel des neuen Jahres ohne Satzverlust. Überhaupt hatte MVG bis zu diesem Zeitpunkt erst 3 Sätze im gesamten Turnier abgegeben (bei 21 gewonnenen Sätzen). Er musste also eigentlich auch für das Finale, welches am nächsten Tag ausgetragen werden sollte, als Favorit gelten.
7. Runde (Finale)
03.01.2023, 20:00 Uhr Ortszeit: SHOWTIME ZUM GRÖßTEN DARTSSPIEL DES JAHRES!
Michael Smith gegen Michael van Gerwen, die Nummer 4 der Welt gegen die Nummer 3, und schon vor dem Spiel war klar: Der Sieger würde nicht nur zum Weltmeister gekrönt werden, sondern auch die Spitzenposition in der Weltrangliste übernehmen. Könnte es eine geilere Partie geben?
Die Spannung und Vorfreude bei den Dartsfans im Ally Pally und weltweit vor den TVs war riesig, was sich durch die Verzögerungen um rund eine halbe Stunde noch weiter steigerte. Um kurz vor halb 9 Ortszeit war es dann endlich so weit und der Master of Ceremonies John McDonald rief die beiden Kontrahenten auf die Bühne. Und rasch entwickelte sich die von allen erhoffte rasante und unglaublich gute Partie.
Den ersten Satz sicherte sich MVG mit 3 Leggewinnen in Folge, nachdem Smith zunächst mit 1:0 in Legs in Führung gegangen war.
Endlich…das perfekte Leg
Im dritten Leg des zweiten Satzes folgte dann das absolute Highlight des Turniers. ja vielleicht der WM- oder sogar Dartsgeschichte. Beide Spieler starteten mit 2 perfekten Aufnahmen in das Leg und lagen nach jeweils 6 Darts mit 141 bzw. 144 Punkten Rest auf Kurs zum ersten 9-Darter des Turniers. Die Anspannung im Ally Pally war nun greifbar, und zunächst hatte MVG die Möglichkeit das Publikum in völlige Ekstase zu versetzen, scheiterte aber mit dem neunten Dart nur knapp auf die Doppel 12. “Nur” 8 perfekte Darts, aber Michael Smith konnte ja noch nachziehen. Und nun sollte es endlich so weit sein, die Fans wurden für ihre tolle Unterstützung in den vergangenen 3 Wochen belohnt und bekamen endlich das ersehnte perfekte Leg zu sehen. 141 Punkte Rest: Triple 20, Triple 19, Doppel 12….Boom…Wahnsinn!
Überhaupt erst das zweite Mal, dass in einem WM-Finale das perfekte Leg gespielt wurde und ein Leg, das wohl zu Recht als das beste Dartsleg aller Zeiten in die Geschichte eingehen wird!
Über lange Strecken ausgeglichen…
Im Anschluss entwickelte sich dann die erwartete enge Partie, in der sich beide Spieler nichts schenkten und die Führung immer wieder hin und her wechselte. Das zwischenzeitliche 3:3 in Sätzen war daher leistungsgerecht und folgerichtig. Erst im anschließenden 7. Satz begann die Partie in Richtung des Engländers zu kippen.
So zeigte MVG nun hier und da ungewohnte Fehler und lies Chancen liegen, während sich Smith förmlich in einen Rausch spielte und seinem Gegner kaum noch Luft zum Atmen lies. So gelangen ihm nun weitere 3 Satzgewinne in Folge, bei denen MVG seinerseits nur zu 3 Leggewinnen kam. 6:3 Smith…und damit die Vorentscheidung!
Zwar versuchte sich MVG nochmal aufzubäumen und verkürzte auf 4:6, Smith war an diesem Abend jedoch nicht mehr zu stoppen. Und im 11. Satz der Partie war es dann so weit. MVG stand bei 2:2 in Legs auf 170 Punkten Rest, aber es war Michael Smith, der als erster Check- und somit gleichzeitig Satz-, Match- und Tournament-Darts bekam. 32 Rest standen nach nur 9 Darts auf seiner Seite der Anzeigetafel, und die konnte er souverän über 16, Doppel 8 checken. Ein geiler 11-Darter zum Weltmeistertitel und zu Platz 1 in der Darts-Weltrangliste!
Was für ein geiles Match, was für ein verdienter Sieger!